Donnerstag, 8. Mai 2014

"Wenigstens hast du es versucht!"

In der Schule war ich eines der Mädchen im Sportunttericht, welches diesen Spruch häufiger von seinen Lehrern nach einer verpatzten Runde Fußball/Basketball oder einem Halbmarathon den ich aufgrund akuter Erschöpfung abbrechen musste, hörte.
Entschuldigt, ich bin ein Ballett-Mädchen! Ich kann ihnen wie eine Waldelfe über den Fußballplatz tänzeln oder ihnen einen Spagat in der Turnhalle hinlegen, aber sobald es um harte Bälle in Kombination mit adrenalingefüllten pubertären Jungs geht bin ich raus! Da krieg ich instant Menstruationsbeschwerden!

Häufiger war genau jener Spruch gepaart mit einem pädagogisch verständnisvollem Lächeln.
Dieses Lehrer-Lächeln verfolgt mich heute noch im Schlaf. Ich bin der festen Überzeugung, dass jedes Lehramtstudium ein geheimes Seminar beinhaltet in dem man eben jenes Lächeln lernt zu perfektionieren.

Nun gut. Zurück zum Thema. Auch diesmal habe ich etwas versucht. Und mit meinem eigenen, nicht minder süffisantem Lächeln im Spiegel muss ich sagen:
"Du hast es versucht, und du hast es geschafft!"
Es geht um mein erstes Mal. Mein erstes Mal, dass ich einen Reverkragen nähe. Bis jetzt habe ich mich davor ganz grandios gedrückt.
Und jetzt nachdem ich es hinter mir habe ist es wie nach meinem ersten Reißverschluss: Ich kann nicht verstehen, warum ich Angst davor hatte.
Sicher, der Kragen ist nicht wie aus dem Lehrbuch. Das geht schöner. Aber ich habe es geschafft! :)


Mal zum Kleid im Allgemeinen: Es ist ein Vintageschnitt. Mit den Vintageheften habe ich schon ewig nicht mehr gearbeitet. Und nachdem ich es mal wieder hinter mir habe möchte ich einer Menschengruppe danken:

Danke liebe Techniker, die ihr überall auf der Welt forscht und arbeitet, sodass Druckverfahren schneller, günstiger und einfacher von statten gehen und ich mit diesen Schnittbögen arbeiten DARF und nicht MUSS.
Am Anfang meiner Nähkarriere, als ich das erste mal einen echten Schnittbogen einer Nähzeitschrift in den Händen hielt bin ich verzweifelt. Wie sollte ich mich da jemals zurechtfinden?
Mittlerweile sind burda und co. ein Klacks für mich. Die Schnittbögen lese ich wie die Sonntagszeitung.
Aber die aus Schnittheften der 60er? Da sitz ich immer noch 5 Minuten vor und muss erst 3 Mal mit dem Finger die Linien nachfahren um sie nachvollziehen zu können.

Aber ich habe das Gefühl, dass ich keine Vintage-Figur habe. Das ist eigentlich für eine 88er Oberweite. Ich habe eine gute 92, habe während des Nähens noch gut 3 cm an jeder Seite rausgenommen und es sitzt immer noch etwas sackig. Um dem Oma-Feeling aus Muster und Schnitt zu entgehen entschloss ich mich, das Kleid zu kürzen.
Auf dem Weg von "alter Oma" zu "junges, hübsches Mädchen" bin ich irgendwo falsch abgebogen und bin jetzt bei "osteuropäischer Straßenstrich"....


Was man auf dem Bild nicht sieht, ist, dass ich ein Haarband aus dem gleichen Stoff trage. Sieht wirklich irre niedlich aus...

Das Kleid ist wirklich viel zu kurz geworden.
Ich weiß wirklich nicht, ob ich das so tragen möchte...
Ein Windstoß und alle in einem Umkreis von 500 m können sehen, welche Unterwäsche ich trage.
Vielleicht probiere ich es mal mit Leggings und Rollkragen drunter. Für den Herbst und so.

Mein Kumpel, der vorbeikam als ich es trug fand es natürlich toll.
Männer! Weil ihre kürzesten Klamotten bis zum Knie gehen haben sie keine Ahnung was es heißt aufpassen zu müssen, dass der Hinter einem auf der Treppe nicht gleich die Sonne aufgehen sieht.

Manchmal wäre ich auch lieber ein Mann.
Da hat man wenigstens keine Angst vor Bällen...